Thermische Kopplung im All Electric Society Park Perfektes Zusammenspiel von Eisspeicher und Wärmepumpen.
Kurzfassung
In vielen Industrien und im privaten Sektor sind Heizkosten und Energieaufwand erhebliche Kostenfaktoren. Laut dem Umweltbundesamt macht der Wärmesektor mehr als 50 % des gesamten deutschen Endenergieverbrauchs aus. Dieses Potenzial bietet vielfältige Möglichkeiten zur betriebswirtschaftlichen Optimierung und nachhaltigem Handeln.
Eine vielversprechende Lösung ist die thermische Kopplung. Sie verbindet verschiedene thermische Energiesysteme, um Energieeffizienz und Ressourcennutzung zu maximieren. Im All Electric Society Park in Blomberg spielt sie bei der Sektorenkopplung eine zentrale Rolle, um die Energieautarkie des Parks zu sichern.
Einer der Bausteine des kalten Nahwärmenetzes ist der ein Eis-Energiezaun mit 12 kWp
Effiziente Wärmeversorgung durch kaltes Nahwärmenetz
Im All Electric Society Park sorgt ein kaltes Nahwärmenetz der fünften Generation (5GDHC) für maximale Effizienz und Nachhaltigkeit in der Wärmeversorgung. Dieses zentrale Versorgungsnetz deckt den gesamten Heiz- und Kühlbedarf aller Anwendungen im Park einschließlich Cubes, Pavillon und Ladepark ab. Es ist dabei für geringe Systemtemperaturen ausgelegt und kann mit einer maximalen Temperatur von bis zu 35 °C betrieben werden.
Ein Netz, alle Vorteile
Das kalte Nahwärmenetz der fünften Generation (5GDHC) bietet
zahlreiche Vorteile:
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Niedrige Betriebstemperatur: Das 5GDHC-Netz arbeitet bei wesentlich niedrigeren Vorlauftemperaturen (5 bis 35 °C) im Vergleich zu konventionellen Systemen (rund 70 °C). Die Reduzierung ermöglicht eine erhebliche Steigerung des Wirkungsgrads der Wärmepumpen.
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Hoher Wirkungsgrad: COP steht für „Coefficient of Performance“ und bildet das Verhältnis zwischen der erzeugten oder übertragenen Wärme-/Kälteleistung und der dafür benötigten Antriebsleistung. Ein COP-Wert von sechs zeigt an, dass die Wärmepumpe sechs Einheiten Wärmeenergie aus nur einer Einheit elektrischer Energie gewinnt.
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Komplexes Energiequellenmanagement: Im All Electric Society Park werden sieben verschiedene Energiequellen genutzt, um die Jahresarbeitszahl (JAZ) zu optimieren. Dazu zählen Prozessabwärme aus der Produktion (300 kWp), zwei Rückkühler (1.400 kWp) sowie die Abwärme aus dem E-Mobility Technical Center (76 kWp), die Abwärme aus dem Energy Storage (50 kWp), ein Eis-Energiezaun (12 kWp) und ein Eisspeicher (55 kWp).
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Geringere Wärmeverluste, niedrigere Installationskosten: Niedrigere Betriebstemperaturen reduzieren die Wärmeverluste im Leitungsnetz und optimieren so die Effizienz. Kosteneinsparungen entstehen dadurch auch durch geringeren Bedarf an Isolationsmaterial- und Aufwand.
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365 Tage maximale Flexibilität: Das 6-Leitungssystem des 5GDHC-Netzes (2 x Wärme, 2 x Kälte, 2 x Wärmerückgewinnung) ermöglicht die gleichzeitige Bereitstellung von Kälte, Wärme und Wärmerückgewinnung. Es gleicht simultan auftretende Wärme- und Kältelasten aus und optimiert die Energieverteilung, besonders in den Übergangsjahreszeiten.
Am Anfang stehen Daten
Für einen effizienten Betrieb des Systems sind umfassende Datentransparenz und die Überwachung aller energetischen Ströme unerlässlich. Über 60 thermische und 100 elektrische Messstellen erfassen kontinuierlich die notwendigen Daten. Ein passives Energiemanagement wertet diese Energieströme aus, während ein aktives Energiemanagement sie kontinuierlich überwacht und optimiert.
Im Thermodynamical Center im All Electric Society Park in Blomberg wird anschaulich erklärt, wie das 6-Leitungssystem des 5GDHC-Netzes auch simultan auftretende Wärme- und Kältelasten ausgleichen kann
Ein Herz aus Eis
Das Thermodynamical Center, bestehend aus einem Eisspeicher, zwei Wärmepumpen und einem intelligenten Quellenmanagement, bildet das Herzstück des Systems. Es gewährleistet die zentrale Kälte- und Wärmeversorgung im gesamten Park. Die beiden
Wärmepumpen haben eine Heizleistung von 85,6 kW und eine Kühlleistung von 134 kW.
Diese Wärmepumpen werden durch regenerative Stromerzeugung des Parks betrieben. Wenn Photovoltaik und Windenergie nicht ausreichen, wird gespeicherte elektrische Energie genutzt oder grüner Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen. Ziel ist es, den Park weitgehend energieautark zu versorgen.
Flexibler Schmelz
Der Eisspeicher besteht aus einer in den Boden gelassenen, mit Wasser gefüllten Zisterne. Sie ist mit zahlreichen kleinen Leitungen versehen, durch die eine frostsichere Sole zirkuliert. Durch einen Entzugswärmeübertrager wird dem Wasser thermische Energie entzogen, wodurch Eis gebildet wird. Bei Bedarf wird dem Speicher über einen Regenerationswärmeüberträger Wärme zugeführt, die aus verschiedenen Quellen wie einem Energiezaun im Park oder aus einem angeschlossenen Produktionsgebäude (Prozessabwärme, zwei Rückkühler) gewonnen wird.
Der Eisspeicher macht sich die spezifische Eigenschaft von Wasser zunutze, bei seinem Phasenwechsel von flüssiger zur festen Form signifikante Mengen Energie speichern bzw. abgeben zu können. Hierbei werden etwa 334 J/g Energie freigesetzt bzw. aufgenommen. Dies ermöglicht eine effiziente Speicherung und Freisetzung von Wärmeenergie. Der Eisspeicher ist als Energiequelle für die Wärmepumpen im Park geeignet. Der Eisspeicher verfügt über eine Gesamtkapazität von 103 m³. Der angestrebte Vereisungsgrad liegt bei 80 bis 90 %. Je nach Saison pendelt der Temperaturbereich zwischen 0 und 20 °C.
Leistungsdaten
- Kälteleistung natürlich 8.600 kWh
- Heizleistung WP 2 x 42,8 kW (5 bis 7 K)
- Kühlleistung WP 2 x 41,6 kW (3 K)
- Kälteleistung WP und Eisspeicher 134 kW (5 K)
Die große Herausforderung bei dem Energiemanagement dieses „Pendelspeichers“ ist, immer ausreichend Kälte bzw. Wärme für die Kühlung bzw. Heizung der Abnehmer bereitzustellen. Das bedeutet, dass der Eisblock am Ende der Heizperiode (Winter) idealerweise voll aufgebaut ist (Vereisungsgrad 80 bis 90 %) und dieser am Ende der Kühlperiode (Sommer) wieder abgebaut ist (Wassertemperatur beträgt 20 °C). Nur so kann der Eisspeicher als effiziente Quelle für die Wärmepumpen agieren.