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27.06.2024

Wir sind dann mal weg Und während sich die Familie auf Norderney oder Juist erholt, chillt das eigene E-Fahrzeug an der Ladesäule.

Pramux Solarladepark

Kurzfassung

Das hört sich schon gut an, vor allem für die sturmerprobten Niedersachsen: Der größte Ladepark des Landes für Elektrofahrzeuge ist jetzt in Norddeich ans Netz gegangen. 264 Ladepunkte sind es. Stand heute, soll es unter der Hand sogar die größte Anlage der Welt sein. 5,2 Millionen Euro hat sich die Reederei Frisia die nachhaltige Investition in Klimaschutz und Mobilitätswende kosten lassen.

Sascha Gliese, Geschäftsführer von Pramux und Timo Konieczny von Phoenix Contact an einer der Ladesäulen im Solarladepark

Sascha Gliese, Geschäftsführer von Pramux und Timo Konieczny von Phoenix Contact an einer der Ladesäulen im Solarladepark der Reederei Frisia

Urlaubsstimmung auch an der Ladesäule

Aus dem Blickwinkel der Ladetechnik und vor allem der Sektorenkopplung heraus stellt der Ladepark nicht allein aufgrund seiner Größe eine Besonderheit dar. Spannend ist vielmehr, dass die Autos über einen langen Zeitraum frische Energie tanken. Während in der E-Mobilitätsbranche meist thematisiert wird, wie Fahrzeuge möglichst schnell ihren Akku wieder aufladen, chillen die Fahrzeuge in Norddeich tagelang unter dem schützenden Schleppdach an der Säule.

„Das ist echtes Low Power Charging“, merkt Sascha Gliese als Geschäftsführer der Pramux GmbH süffisant an. Das Unternehmen aus Moormerland im Landkreis Leer erhielt den Auftrag für den Bau des Ladesparks. Dafür bringt Pramux jahrzehntelange Erfahrung in der Konstruktion, der Elektrotechnik und vor allem auch Anwendungsentwicklung von Software für Ticket- und Kassenautomaten, Stromsäulen, Ladestationen sowie Schranken mit.

Applikation Charx SEC-3050

Intelligentes Lademanagement sorgt dafür, dass das E-Fahrzeug geladen ist, wenn die Urlauber von der Insel zurückkommen

Rechtzeitig fahrbereit durch schonendes Low Power Charging

Low Power Charging: Die norddeutsche Gelassenheit beim schonenden Laden ist deshalb möglich, weil über das ebenfalls von Pramux entwickelte Buchungssystem bekannt ist, wie lange die Fahrzeuge der Urlauber an der Säule verbleiben. Folglich gibt es auch Informationen darüber, welcher Gast als nächstes abreisen will – und dafür ein vollständig geladenes Fahrzeug erwartet.

Mit diesen Möglichkeiten der Vorsteuerung lässt sich ein effektives Lademanagement kreieren. Dieses bringt im Idealfall das Angebot an Solarstrom und den Energiebedarf der Fahrzeuge in Deckung. Für das Lademanagement – also die Schnittstelle zwischen PV-Anlage und Kraftfahrzeug – kommt Technik aus dem Geschäftsfeld Elektromobilität von Phoenix Contact zum Einsatz.

Ladecontroller CHARX

Die CHARX-Ladecontroller von Phoenix Contact managen den Ladevorgang im Frisia-Ladepark

Pro Säule sind vier Phoenix Contact-Ladecontroller vom Typ CHARX installiert. Sie sind über den internen Ethernet-Bus als Primary-Secondary-Konfiguration verknüpft. Der Primary-Controller bildet die Schnittstelle zur Ladeparksteuerung sowie dem Buchungssystem.

Die einzelnen Laderegler übernehmen wiederum die Kommunikation mit dem Auto „und handeln dabei aus, wie das Laden mit welchem Strom und welcher Leistung ablaufen soll“, erklärt Timo Konieczny, Vertriebsingenieur bei Phoenix Contact. Der Datenaustausch zwischen Fahrzeug und Ladesäule erfolgt mit dem internationalen Kommunikationsstandard OCPP – das Open Charge Point Protocol.

Ladesäulen im Pramux Solarladepark

Solarenergie: So viel wie möglich direkt in die Batterien

Das Lademanagement ist grundsätzlich darauf ausgerichtet, den zur Verfügung stehenden Solarstrom weitgehend für das Laden der Fahrzeuge zu nutzen – ohne dabei nennenswerte Leistung aus dem öffentlichen Netz zu beziehen. Allerdings ist mit Blick auf Redundanz und Versorgungssicherheit der Ladepark über eine 2,4-MW-Transformatorenstation an das 20-kV-Mittelspannungsnetz angebunden.

Sascha Gliese rechnet aber damit, dass sich der öffentliche Strombezug in engen Grenzen halten wird, da immerhin rund 80 Prozent des Solarstroms ihren Weg in die Fahrzeugbatterien finden sollen. Mit einer Leistung von 1,7 MWp ist die PV-Fläche auf den Schleppdächern entsprechend üppig dimensioniert. Der prognostizierte Jahresertrag soll 1,6 Millionen kWh grünen Strom liefern.

Die Prognosen über die erwarteten Energiemengen pro Ladevorgang betrachtet die Reederei Frisia als belastbar, da das Unternehmen bereits über einen Zeitraum von zwei Jahren Erfahrung mit gut 20 Säulen sammeln konnte. „Wir haben für den Ladepark 60 kWh als Grundlage für die Auslegung genommen“, sagt Sascha Gliese.

Olaf Weddermann von Frisia

Olaf Weddermann von Frisia setzt auf den Dreiklang aus Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Mobilität

Die All-In-Stellplätze an der Mole

Wer an der Nordseeküste mit Blick auf Norderney und Juist sein Auto laden will, braucht sich übrigens keine Gedanken darüber machen, wie hoch die Rechnung für die volle Ladung am Ende des Urlaubs ausfallen wird oder wie teuer die Kilowattstunde die Urlaubskasse im Nachhinein belastet. „Wir verkaufen keinen Strom“, erklärt Frisia-Vorstandsmitglied Olaf Weddermann. Der Prokurist spricht im Weiteren dann auch treffend vom „Flatrate-Laden“. Für die praktische Abwicklung heißt das aus Sicht der Urlauber, dass mit der Buchung des Parkplatzes die Energiemenge „All in“ ist. „Unser Geschäftsmodell ist es, den Stellplatz zu vermieten. Deshalb brauchen wir uns auch keine Gedanken darüber machen, ob die Ladesäulen geeicht sind oder nicht.“

Wer mit Blick auf Klimaschutz, Sektorenkopplung und neue Wege in der Mobilität die Gelegenheit hat, sich darüber mit Olaf Weddermann zu unterhalten, erfährt, dass das Unternehmen weit davon weg ist, unter die „Tankstellenbetreiber“ zu gehen. Sämtliche Maßnahmen für eine wirksame Sektorenkopplung haben vielmehr das Ziel, die komplette touristische Wertschöpfungskette nachhaltig zu stärken. Ein zentraler Baustein ist dafür das Buchungs- und Tourismusportal „Frisonaut“. Die digitale Lösung bildet eine umfassende Schnittstelle zu den digitalen Bedürfnissen der Inselbesucher – gerade im Hinblick auf den Kauf von Fähr- und Bustickets sowie weiteren Dienstleistungen bis hin zum Buchen von Ferienwohnungen. „Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Mobilität – dieser Dreiklang bestimmt unseren Geschäftszweck“, unterstreicht der Prokurist. „Wir müssen von fossilen Brennstoffen wegkommen.“

E-Kat erweitert die Sektorenkopplung

Mit diesem Ziel vor Augen geht es dieses Jahr noch weiter mit der Elektrifizierung der Mobilität – und das zu Wasser. Das Frisia-Vorstandsmitglied spricht von 2,4 Millionen Menschen, die jährlich über das Wattenmeer nach Norderney fahren. Hinzu kommen 360.000 nach Juist. Die meisten nutzen die Fähre, ein kleiner Teil nimmt den Flieger: Damit sich auch hier Klimaschutz und Tourismus weiter annähern, soll noch in diesem Jahr ein E-Katamaran in Dienst gestellt werden.

Die in den Niederlanden gebaute Zweirumpffähre wird nach Auskunft von Olaf Weddermann das erste Fahrgastschiff seiner Art auf der deutschen See sein. Legt das Schiff in Norddeich an, gilt es, die Batterieeinheiten schnell zu laden. Der Kat bezieht seine Energie ebenfalls aus dem Ladepark. Das Kabel dafür bis zur Anlagestelle ist bereits im Erdreich verlegt. Erreicht der E-Katamaran die Mole für den Fährverkehr nach Norderney, hat das Ladeparkmanagement die angeschlossenen Autos bereits vom Netz genommen. Die freigewordene regenerative Energie fließt dann in die Batterien der Fähre.

Fazit

„Projekte wie der neue Ladepark der Frisia belegen eindrucksvoll, dass Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit im Einklang stehen.“ Dieses Zitat von Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies beschreibt treffend die Vorteile der Sektorenkopplung innerhalb einer All Electric Society – also einer Gesellschaft, die ihren Energiebedarf zu 100 Prozent aus regenerativen Quellen deckt.

„Niedersachsen ist die Energiedrehscheibe Deutschlands und setzt dadurch auch viele Akzente bei der Mobilitäts- und Klimawende“, unterstrich Lies bei der Eröffnung des Ladeparks im Frühjahr 2024. „Deshalb müssen wir gerade im Verkehrssektor eine verlässliche Politik betreiben und den eingeschlagenen Weg in puncto Elektromobilität weiter beschreiten.“ Gerade in Niedersachsen seien solche Projekte zielführend, da genügend regenerative Energie aus Sonne und Wind vorhanden sei – und das wiederum sei, so Lies, ein echter Standortvorteil für Unternehmen in Norddeutschland.

Autor: Thorsten Sienk

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