Blitzstrom-Messsystem
Blitzströme erfassen und auswerten
Blitzeinschläge verursachen verheerende Beschädigungen an Gebäuden und Anlagen. Für die Erfassung und Auswertung von Blitzeinschlägen in exponierten oder weit verteilten Anlagen bietet unser Blitzstrom-Messsystem LM-S die Lösung.
Hier erfahren Sie, wie das Blitzstrom-Messsysystem funktioniert und welche Anwendungsbereiche möglich sind.
Das Blitzstrom-Messsystem LM-S erkennt und analysiert alle wichtigen Parameter von Blitzströmen. An eine Auswerteeinheit werden bis zu drei Sensoren angeschlossen. Die Sensoren werden auf Ableitungen einer Blitzschutzanlage montiert. Die Messung in den Sensoren basiert auf einem magnetooptischen Effekt, dem sogenannten Faraday-Effekt. Zur Vermeidung von Beeinflussungen von der Messung wird die Signalübertragung vom Sensor zur Auswerteeinheit über Lichtwellenleiter realisiert.
Weitere Informationen zu den Sensoren und weiteren Komponenten finden Sie auf der Produktdetailseite.
Hermes Award 2012 für das Blitzstrom-Messsystem
Im Jahr 2012 wurde das Blitzstrom-Messsystem mit dem begehrten, internationalen Technologiepreis Hermes Award ausgezeichnet.
Der Hermes Award wird seit 2004 alljährlich für herausragende, innovative Produkte von der Deutschen Messe AG ausgelobt.
Folgeschäden und Zerstörungen durch Blitzeinschläge
Abhängig von der mitgeführten Energie kommt es bei Blitzeinschlägen zu massiven Zerstörungen an Gebäuden und Anlagen, die weitere Folgeschäden verursachen können.
Im Bereich von Wohngebäuden oder Gewerbebetrieben, die von Personen regelmäßig frequentiert werden, fallen derartige Schäden unmittelbar auf. Hilfsmaßnahmen zur Schadensbegrenzung lassen sich in den meisten Fällen kurzfristig einleiten. Nach einem solchen Ereignis lässt sich der Schadensumfang entsprechend schnell und konkret beurteilen. Eine sofortige Reparatur und Wiederinbetriebnahme wichtiger Anlagenfunktionen kann Folgeschäden verhindern.
Bei exponiert gelegenen oder großflächigen Anlagen besteht üblicherweise nicht die Möglichkeit einer kontinuierlichen Beobachtung durch Personen. Zerstörungen oder Beschädigungen der Anlage werden oft erst durch Folgeschäden bemerkt. Aus dem Grund kommen immer häufiger intelligente Monitoring-Systeme zum Einsatz. Sie überwachen permanent die verschiedenen Funktionen und deren Status in einer Anlage und melden die Ergebnisse unmittelbar an eine zentrale Steuerungseinheit. Das ermöglicht auch eine sofortige Reaktion auf Störungen und die Vermeidung von Folgeschäden sowie langen Ausfallzeiten.
Bisher gab es kein Messsystem, mit dem Blitzeinschläge in eine Anlage verlässlich erkannt und bewertet werden konnten. Dementsprechend gab es auch keine Schadens- oder Störungsmeldung über derartige Vorkommnisse.
Zu besonders blitzgefährdeten und exponiert gelegenen Anlagen zählen z. B. Windkraftanlagen, Energieerzeugungsanlagen, großflächige Industriebetriebe und Bahnanlagen. Bei derartigen Anlagen ist eine lückenlose Blitzschutzmaßnahme grundsätzlich sehr schwierig umzusetzen, bisweilen gar unmöglich.
Blitzstrom-Messsystem LM-S
Für die Erfassung und Auswertung von Blitzeinschlägen ist das Lightning Monitoring System LM-S von Phoenix Contact erhältlich. Es besteht im Wesentlichen aus einer Auswerteeinheit und einem Sensor, der auf die Ableitung einer Blitzschutzanlage montiert ist.
Um die Höhe und die Flussrichtung von Blitzstoßströmen zu analysieren, die in Blitzableitungen auftreten, nutzt dieses Messsystem den Faraday-Effekt bzw. den magnetooptischen Effekt. Dabei wird eine Lichtwelle magnetisch beeinflusst und die Einflussgröße als Messergebnis ausgewertet. Auch die Signalübertragung erfolgt per Lichtwellenleiter.
Im Vergleich zu einer Signalübertragung per Kupferleitung hat dieses entscheidende Vorteile. Blitzströme, die im Umfeld des Messsystems auftreten, können das Lichtsignal nicht mehr beeinflussen oder sich in die Übertragungsstrecke einkoppeln. Damit steht an der Elektronik der Auswerteeinheit ein verlässliches und unter EMV-Gesichtspunkten unbedenkliches Signal zur Verfügung.
Funktionsprinzip
Wie kann man Blitzstrom messen? Wie entstehen Überspannungen? Wie gelangen Überspannungen in Ihre Geräte und Anlagen? Diese Fragen haben Sie sich vielleicht auch schon mal gestellt. Im Folgenden werden Sie umfassend über den Bereich der Blitzstromerfassung informiert.
Aufbau der Messstrecke
Die Messstrecke besteht aus einem transparenten Medium (Dielektrikum), mit beidseitig angeordneten Polarisatoren oder Polfiltern. Die Messstrecke ist so angeordnet, dass sie zur Stromflussrichtung in der Ableitung einen Winkel von 90° einnimmt. So liegt die Ausbreitungsrichtung einer Lichtwelle in der Messstrecke parallel zum Magnetfeld des Stoßstroms in der Ableitung.
Polarisatoren
Polarisatoren bzw. Polfilter sind optische Elemente, die eine Polarisation bewirken. Dabei werden elektromagnetische Wellen durch Absorption oder Strahlenteilung in linear, elliptisches oder zirkulares polarisiertes Licht separiert. Zur Nutzung des Faraday-Effekts wird in diesem Fall das Licht linear polarisiert. Das bedeutet, nur linear polarisiertes Licht gelangt durch den Polfilter.
Magnetische Beeinflussung der Polarisationsebene
Die Lichtwelle versetzt die Elektronen im Dielektrikum in Schwingungen. Das Magnetfeld verändert die Elektronenbewegung innerhalb des Dielektrikum. Dadurch wird die Polarisationsebene des Lichts beeinflusst. Die Polarisationsebene lässt sich prinzipiell in jede beliebige Richtung drehen.
Magnetooptischer Effekt im LM-S
Das grafische Modell zeigt alle wesentlichen Elemente und Größen des magnetooptischen Effekts im Blitzmesssystem. Eine Lichtwelle Φ mit definierter Lichtstärke wird durch einen Lichtwellenleiter an die Messstrecke herangeführt.
Der Polfilter P1 am Eingang der Messstrecke polarisiert das zugeführte Licht linear. Die so polarisierte Lichtwelle versetzt die Elektronen im Medium in Schwingung und bewegt sich auf der Polarisationsebene durch das Medium der Messstrecke. Die Polarisationsebene lässt sich magnetisch beeinflussen.
Das Magnetfeld eines Stoßstroms dreht die Polarisationsebene der Lichtwelle innerhalb des Mediums um die Längsachse. Die Drehrichtung ist abhängig von der Richtung der magnetischen Feldlinien und damit von der Stromflussrichtung. Z. B. erzeugen die Stoßströme aus negativen und positiven Blitzen unterschiedlich gerichtete magnetische Feldlinien.
Je größer der Strom I, umso stärker ist das Magnetfeld B und umso größer ist auch der Drehwinkel β. Das Magnetfeld B1 verursacht eine Rechtsdrehung und Magnetfeld B2 eine Linksdrehung der Lichtwelle.
Am Ausgang der Messstrecke ist der zweite lineare Polfilter P2 in einem Winkel von 45° zum Eingangspolfilter angeordnet. Dadurch treten von einer unbeeinflussten Lichtwelle nur 50 % der Lichtmenge durch den Ausgangspolfilter. Abhängig von der Drehung der Lichtwelle lässt der Ausgangspolfilter mehr oder weniger Licht durch. So entsteht ein messbares und auswertbares Lichtsignal.
Messergebnis und Auswertung
Ein positiver Blitz verursacht eine Rechtsdrehung des polarisierten Lichtsignals. Die Lichtmenge hinter dem zweiten Polfilter nimmt zu und beträgt zwischen 50 und 100 %. Wenn der Drehwinkel des Lichtsignals 45° erreicht, entspricht das dem 100-%-Messwert eines positiven Blitzes.
Ein negativer Blitz verursacht eine Linksdrehung des polarisierten Lichtsignals. Die Lichtmenge hinter dem zweiten Polfilter nimmt ab und beträgt zwischen 50 und 0 %. Wenn der Drehwinkel des Lichtsignals -45° erreicht, entspricht das dem 100-%-Messwert eines negativen Blitzes.
Gemessen wird die Lichtmenge hinter dem Ausgangspolfilter. Aus dem zeitlichen Verlauf der Lichtmenge werden die typischen Parameter des erfassten Blitzstoßstroms abgeleitet. Das sind die maximale Stromstärke, Blitzstromsteilheit sowie Ladung und spezifische Energie.
Einflussgrößen
Die wichtigen Einflussgrößen sind das Material des Mediums, die Wellenlänge des Lichts, die Weglänge des Lichts durch das Medium so wie die magnetische Feldstärke. Darüber hinaus sind im Folgenden weitere theoretische Grundlagen und Einflussgrößen erläutert.
Elektrischer Feldvektor E
Der elektrische Feldvektor E beschreibt den Verlauf und die Position der beeinflussten Lichtwelle. Er wird als Pfeil dargestellt (siehe grafisches Modell).
Dielektrikum
Als Dielektrikum wird jede elektrisch schwach- oder nichtleitende, nichtmetallische Substanz bezeichnet, deren Ladungsträger im Allgemeinen nicht frei beweglich sind. Es kann sich dabei um ein Gas, eine Flüssigkeit oder einen Feststoff handeln. Diese Substanzen sind typischerweise unmagnetisch und werden mit elektrischen oder elektromagnetischen Feldern beaufschlagt.
Verdet-Konstante V
Die Verdet-Konstante V entspricht dem Drehvermögen pro Einheit der magnetischen Flussdichte. Sie beschreibt die Stärke des Faraday-Effekts für das zu bewertende Dielektrikum. Ihr Wert ist abhängig von der Wellenlänge elektromagnetischer Wellen im Medium.
Berechnung des Drehwinkels β
Der Drehwinkel β, um den sich die Polarisationsebene dreht, berechnet sich nach:
β = V x d x B
d ist die Länge des Lichtwegs durch das Medium, B die magnetische Flussdichte und V die Verdet-Konstante.
Installation
Im kreisförmigen Magnetfeld ist die wirksame Feldstärke abhängig von der Eintauchtiefe des Sensors in das Magnetfeld der stromdurchflossenen Ableitung.
Die Eintauchtiefe wird in der Berechnung über den Radius definiert. D. h., je kleiner der Radius umso größer die Feldstärke. Damit die wirksame Feldstärke so groß wie möglich ist, ist es vorteilhaft, den Sensor so dicht wie möglich auf die Ableitung zu montieren.
Legende:
H = Feldstärke [A/m]
r = Radius [cm]
I = Strom [A]
Bedeutung des Radius für die Kalibrierung des Systems
Der Radius ist das Maß für die Eintauchtiefe des Sensors in das Magnetfeld und für die Erfassung der dort wirksamen Magnetfeldstärke H. Der Wert entspricht der Distanz von der Mittellinie des Leiters bis zur Außenkante des Sensorgehäuses.
Der Radius wird bei der Installation ermittelt. Das ist wichtig für die Kalibrierung des Systems, da er gleiche Messbedingungen bei unterschiedlichen Anlagengegebenheiten sichert.
Signalübertragung und Überwachung
Wie gelangt das erfasste Signal vom Sensor zur Auswerteeinheit? Wie werden die Messergebnisse dort ausgewertet? Wie kann das System Wartungseinsätze minimieren? Nachfolgend finden Sie die Antwort.
Systemschnittstelle und Signalübertragung
Über die RJ45-Ethernet-Schnittstelle lässt sich die Auswerteeinheit in Standardnetzwerke einbinden. Der Zugriff auf die erfassten Daten und die Konfiguration des Systems erfolgt über den internen Webserver. Per IP-Adressierung wird das Webinterface über den Internetbrowser eines angeschlossenen PCs aufgerufen.
Fernüberwachung und präventive Wartung
Blitzeinschläge in schwer zugängliche oder entfernte Anlagen, wie z. B. Offshore-Windparks, lassen sich nicht oder nur mit hohem Aufwand erkennen. Das Blitzerfassungssystem LM-S stellt alle Messdaten über das integrierte Webinterface bereit. So kann per Fernzugriff, z. B. mit einem Mobiltelefon, zu jeder Zeit die Belastungssituation der Anlage abgefragt werden.
Mit den ausgewerteten Daten lässt sich die tatsächliche Belastung einer Anlage sehr genau einschätzen. Die Messergebnisse sind stets aktuell und ermöglichen eine präventive Wartung. Um Folgeschäden zu vermeiden, können Sie schnell Maßnahmen ergreifen, wenn von einer Beschädigung der Anlage auszugehen ist. Ausfallzeiten lassen sich dann verringern oder gar vermeiden. Wenn aber aus den Messergebnissen eine minimale unkritische Belastung der Anlage abgeleitet werden kann, erspart das unnötige Wartungs- oder Serviceeinsätze.
Remote-Kontakt
Die Auswerteeinheit hat auch ein Schaltrelais mit herausgeführtem Remote-Kontakt. Dieser Öffnerkontakt gibt bei jedem Ereignis einen kurzen Impuls, der von einem Zähler ausgewertet werden kann. So besteht auch die Möglichkeit einer einfachen oder zusätzlichen Auswertung der Anzahl von erfolgten Blitzeinschlägen in die Anlage. Der Relaiskontakt nimmt seine Ruheposition erst nach Hochlaufen des Systems ein. Und bei Systemstörungen fällt das Relais ab. So wird über den Remote-Kontakt auch die Systembereitschaft abgefragt.
Anwendungsbeispiele
Im Folgenden sind ein paar Anwendungsbeispiele genannt, die sich mit dem Blitzstrom-Messsystem realisieren lassen.
Windkraftanlage
Exponiert gelegene Windkraftanlagen, wie z. B. Offshore-Windparks, gelten als besonders blitzgefährdet. Bei derartigen Anlagen ist eine lückenlose Blitzschutzmaßnahme grundsätzlich sehr schwierig umzusetzen, bis unmöglich. In solchen Fällen kommt das Blitzstrom-Messsystem zum Einsatz.
Die Abbildung stellt die Anordnung der einzelnen Systemkomponenten an einer Windkraftanlage dar. Auf den Blitzstromableitungen der Windflügel ist jeweils ein Sensor montiert. Die Auswerteeinheit befindet sich in einem Steuerschrank in der Nabe. Die Signalverbindung zwischen den Sensoren und der Auswerteeinheit erfolgt mit Lichtwellenleitern. Die Ethernet-Verbindung zur zentralen Steuerung wird über Schleifringe zwischen Gondel und Kanzel hergestellt. Die Auswerteeinheit arbeitet mit 24-V-Gleichspannung.
Wenn notwendig wird der Remote-Kontakt an die Steuerung angeschlossen. Darüber lässt sich zusätzlich jeder Blitzeinschlag signalisieren oder die Anzahl der Ereignisse auswerten.
Kulturdenkmal
Dieses Applikationsbeispiel zeigt den Einsatz des Blitzerfassungssystems am Hermannsdenkmal in Detmold, Deutschland. Auf dem Unterbau aus Kalksandstein steht die Kupferstatue. Am Sockel der Statue sind drei Erdungsleitungen angeschlossen. Darüber werden bei Blitzeinschlägen in das insgesamt über 53 m hohe Bauwerk die Blitzstoßströme zur Erde abgeleitet. Auf diesen Ableitungen sind die Sensoren montiert. Die Auswerteeinheit ist in einem Schaltschrank im Innenraum des Unterbaus installiert.
Umspannwerk
Blitzeinschläge in Hochspannungsleitungen führen zu einer Belastung der Transformatoren in Umspannwerken. Häufig sind den Transformatoren Überspannungsschutzelemente vorgeschaltet, mit denen die Stoßströme aus eingekoppelten Überspannungen zur Erde abgeleitet werden. Als Schutzelemente kamen in der Vergangenheit vorwiegend Funkenstrecken zum Einsatz. Seit einigen Jahren werden bevorzugt Varistoren eingesetzt.
Das LM-S bietet die Möglichkeit, die tatsächliche Belastung der Schutzelemente zu erfassen und auszuwerten. Belastungsgrenzen werden so frühzeitig erkannt und betroffene Schutzelemente erneuert.
Die Installation der Sensoren erfolgt auf den Ableitungen zwischen den Schutzelementen und Erde. Lichtwellenleiter übertragen die Messsignale zur Auswerteeinheit, die in einem abgesetzten Schaltschrank installiert ist.