è Mit dieser Betrachtungsweise verändert sich auch die Größenordnung und öffentliche Wahrnehmung einzelner Projekte. Unternehmertum ist niemals risikolos. Und natürlich ist es so, dass mit steigender Komplexität auch die Verantwortung steigt. Egal an welcher Stelle, ob bei höherwertigeren Kompo- nenten oder bei größerer Komplexität. Jetzt kommen wir aber in Bereiche, die auch eine größere Öffentlichkeitswirkung ha- ben. Das wird uns fordern, gerade in Sachen Ressourcen. Aber ganz ehrlich: Auf das Risiko lassen wir uns gezielt ein, denn die Erfolgsperspektiven sind entsprechend lohnenswert. è Sie sind in Ihrer neuen Aufgabe auch verantwortlich für die Geschäftsentwicklung in den USA. Nach Trump, MAGA, Corona und Klimawandel – haben Sie noch Lust auf die USA? Na klar (schmunzelt)! Auf jeden Fall! Natürlich sind wir uns als Europäer einig in der Bewertung der letzten Jahre. Die wa- ren schwierig. Ich war seit meiner neuen Zuständigkeit etwa noch gar nicht dort, einfach weil die Einreiseregeln aufgrund von Corona das nicht zugelassen haben. Doch zum einen ändert sich das gerade. Zum anderen sind wir in den USA sowieso sehr stark, haben dort ja eine eige- ne Produktion, eigene Logistik, einen eigenen Vertrieb – wir werden diese nationalen Eigenständigkeiten sogar in den nächsten Jahren noch deutlich mehr schärfen, um auf Dinge wie politische Veränderungen oder Bedrohungen etwa durch Pandemien noch robuster reagieren zu können. è Wie beschreiben Sie die neue Rolle von Phoenix Contact vor dem Hintergrund der All Electric Society? Wir sind allein durch unsere Produktpalette in der glücklichen Lage, seit jeher viel für den Klimaschutz beizutragen. Und jetzt werden wir quasi zu Begünstigten eines globalen Trends, wenn es heißt, dass in einem bestimmten Zeitraum sämtliche Energie aus Strom gewonnen werden soll. Das passt zu unse- rem Leitbild der All Electric Society natürlich super. Woran wir in Zukunft noch verstärkt arbeiten müssen, ist unser eigener CO2-Footprint, damit wir unsere Strategie nach außen und innen auch glaubwürdig vertreten können. Wir sind als Geschäftsführung überzeugt, dass dies richtig ist. Auch aus innerer Überzeugung. Da sind wir wirklich gut aufgestellt und auch früher dran als viele andere. è Ändert sich durch das neue Leitbild auch unsere Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung? Als Unternehmen wollen wir keine politische Position einneh- men. Aber die All Electric Society ist naturwissenschaftlich begründet, das ist nicht diskutierbar. Wenn etwa der Klima- wandel geleugnet wird, dann vertrete ich als Ingenieur die Wissenschaft. Und das standhaft. Das kann ich nicht ernsthaft „Unternehmertum ist niemals risikolos. Mit steigender Komplexität wächst auch die Verantwortung.“ Ulrich Leidecker, COO Phoenix Contact diskutieren. Wenn jemand für wissenschaftliche Argumente vollkommen unzugänglich ist, dann haben Sie keine Plattform mehr, auf der Sie einen Diskurs starten können. Auch nicht mit irgendwelchen administrativen Ebenen oder Politikern. Kurzum: Ich denke, dass wir auch nach außen häufi ger Posi- tion beziehen müssen und auch werden. è 2023 feiert Phoenix Contact sein 100jähriges Bestehen. Was bedeutet Ihnen das Thema Familienunternehmen? Freundlichkeit, Offenheit, Partnerschaftlichkeit, Vertrauen, eine positive Fehlerkultur – das sind Familienunternehmen. Die Personen und die Werte, die den Gesellschaftern wichtig ist, zu kennen und zu teilen – das ist Familie. Auch für meine eigene Familie ist Phoenix Contact ein wichtiger Bestandteil, nicht nur, weil ich dort (viel zu viel, wie sie fi nden) arbeite. Aber meine Familie kennt das Unter- nehmen, kennt die Kollegen, kennt auch Klaus Eisert – das ist etwas ganz anderes, als für maximales Entgeld in einem DAX- Konzern tätig zu sein. So etwas formt, verbindet und lässt einen viele Jahre hier tätig sein. (lo) Das Innovationsmagazin von Phoenix Contact UPDATE 3/21 43