N AC H G E F R AG T unterstützen sollte. Nicht mit einem schnellen Besuch, son- dern einem längeren Aufenthalt, um wirklich Land und Leute zu verstehen und die Perspektive des Headquarters zu vermit- teln. China war damals noch ein ganz anderes Land als heute, da war man nicht auf Westler vorbereitet. Drei Monate war ich vor Ort. Und es gelang tatsächlich, gemeinsam mit unseren chinesischen Kollegen vieles zu stabilisieren. Mittlerweile be- schäftigen wir dort 2.500 Mitarbeitende in einer unserer pro- duktivsten und erfolgreichsten Tochtergesellschaften. Think global, act local – dieses Prinzip ist ja heute selbstverständlich. Richtig, das war schon damals die Devise von Gerd Eisert. Und das war und ist auch heute eines der überzeugendsten Argu- mente, wenn es um den Aufbau von Tochtergesellschaften geht. Zunächst suchen wir einen General Manager, der oder die sich in Branche und Land sehr gut auskennt. Und natürlich auch zu uns und unserer Unternehmensphilosophie passen muss. Haben wir diesen Menschen gefunden, dann versetzen wir ihn in die Lage, mit einem lokalen Team vor Ort zu agieren. Es dauert immer ein wenig, bis aus diesen Anfängen ein Selbst- vertrauen erwächst, dass mit der auf den ersten Blick lang- weilig scheinenden Klemme tatsächlich große Dinge möglich sind. Das war damals in China auch so. Dann zog sich Gerd Eisert zurück. Eines Tages um die Jahrtausendwende, ich war damals Leiter des deutschen Vertriebs, kam Klaus Eisert zu mir und fragte, ob ich nicht Aufgaben seines Bruders übernehmen könne, die er gesundheitsbedingt nicht mehr schaffen würde. Keine ein- fache Situation, in einem Familienbetrieb wie unserem auf einen Mann wie Gerd Eisert zu folgen. Viele Landesfürsten hatten ja das Privileg eines persön- lichen Zugangs zu Gerd Eisert und damit zu einem der Eigner. Doch gemeinsam mit Klaus Eisert haben wir das hinbe- kommen. Das führte dann auch zu einer neuen Organisation der Auslandsaktivitäten? Richtig. Ab dann wurde vom Vertrieb International und dem Vertrieb Deutschland gesprochen. Diese Begriffl ichkeit gibt es ja heute noch. Wir sind uns einig, dass die kaufmännischen Prozesse und die Führung, also organisatorische Prinzipien, einheitlich sein müssen. Das Handeln vor Ort wird, wie schon beschrieben, eigenverantwortlich gestaltet. Kommt diese Eigenständigkeit auch beim Kunden an? Auf jeden Fall. Ein Beispiel: Es wird wohl noch Jahrzehnte dauern, bis ein südspanischer Schaltschrankbauer kein Prob- lem damit hat, in einem englischsprachigen Call-Center von Phoenix Contact in Indien anzurufen und seine Rechnung zu reklamieren. Da nutzt es uns auch nichts, wenn die Arbeits- kraft dort nur einen Bruchteil von dem kostet, was uns spani- sche Mitarbeitende kosten. Der Mann ist genervt und hinter- fragt seine Beziehung zu uns. Dürfen wir es riskieren, für einen kleinen fi nanziellen Vor- teil eine langjährige Beziehung aufs Spiel zu setzen? Natür- lich nicht. Die lokale Eigenständigkeit ist ein ganz wichtiger Schlüssel für nachhaltigen Erfolg in den Ländern. Grundsteinlegung in China – nach holprigem Start heute eine der erfolg- reichsten Auslands- gesellschaften 42 UPDATE 2/22 Das Innovationsmagazin von Phoenix Contact